Abiturrede des Jahrgangs 2003 auf dem Abiball am 28. Juni 2003 von Philipp Fuhr

Liebe Freunde, liebe Mitschüler, liebe Eltern, verehrtes Lehrerkollegium,

an irgendeinem Abend wurde ich gefragt „Willst du nicht die Rede am Abiball halten?“. Nach kurzem Überlegen sagte ich zu ohne zu wissen was auf mich zukommt. Da ich nun mal zugesagt hatte, musste ich mir jetzt Gedanken machen was ich genau sagen will. So begab ich mich halt an die Arbeit und das Resultat werden Sie jetzt gleich hören.

Was würden Sie sagen, wenn Sie jetzt hier ständen und nicht ich? Würden Sie versuchen nach so viel Gerede endlich eine lustige Showeinlage zu liefern? Oder würden Sie die Chance nutzen um endlich einmal Ihre politische Meinung zu äußern? Vielleicht würden Sie auch den Zeigefinger heben und zur längst fälligen Moralpredigt ausholen...

Was Sie jetzt hören werden ist allerdings kein Aufruf für Freiheit, kein Postulat der Emanzipation. Es ist auch kein Manifest der Nächstenliebe, falls Sie das erwartet hätten.

Vielmehr hören Sie heute eine völlig humor- und gehaltlose Abiturrede, denn Humor würde wohl dem Ernst des Lebens, der ja jetzt beginnen soll, nicht gerecht und Belehrendes haben wir in den letzten 13 Jahren genügend gehört.

Der Ernst des Lebens

Sind wir jetzt darauf optimal vorbereitet? Nachdem wir unsere Reife offiziell beglaubigt sozusagen in Händen halten können.

Ich möchte Ihnen eine Frage stellen:

Was soll ich mit diesem Abitur? Welche Chancen hat ein Schüler mit Abitur heutzutage noch in der Welt, konkreter, der Weltwirtschaft?

Ich werd's Ihnen sagen: Er hat absolut jede Chance! Zumindest, wenn er sein Abitur in Düsseldorf am Max-Planck Gymnasium gemacht hat.

Ich möchte eine These in den Raum stellen:

Jeder von uns ist jetzt reif für etwas Neues, reif genug, um den schützenden Schoß der Familie und die leitende Hand der Schule zu verlassen. Wir haben sie erreicht und wir haben sie verdient, die Hochschulreife!

Reife

Was also ist das, die Reife? Ich habe versucht diesem schwammigen Begriff ein wenig auf die Schliche zu kommen und befragte also meinen allwissenden Freund, der es stets versteht umfassend und dem Zeitgeist gemäß zu antworten: das Internet.

Nun, was sich im Internet unter dem Begriff Reife findet erschien mir zunächst ein wenig fern vom schulischen Alltag: Reife Frauen ab 40 bieten hier freie Körperkultur und winken mit ihren körperlichen Reizen nach Willigen, die für Beträge ab 1,80€ / min wirklich erfahren möchten, was reif und erfahren eigentlich bedeutet.

Das also ist das richtige Leben, dachte ich mir. Nun, darauf hat mich die Schule aber nicht vorbereitet. Zwar war ich in ständigem Kontakt mit reifen Frauen ab 40, aber die waren stets bekleidet und nur die wenigsten arbeiteten mit solcher Körpergeste, wie diejenigen im Internet. Nach meiner ersten Studie kam ich also zu dem Schluss, das Schulsystem müsste überholt werden, denn auf Reife im richtigen Leben bereitet es nicht vor.

Aber das war nicht alles worauf ich bei meiner Suche gestoßen bin. Ich habe auch ein sehr interessantes Zitat von Sokrates gefunden, was mich sehr fasziniert hat, weil es doch schon etwas älter ist, aber immer noch für eigentlich jede Jugend-Generation Gültigkeit besitzt.

"Die Jugend liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen den Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer."

Also ich bin davon überzeugt –und jetzt halten Sie sich fest- meint Sokrates damit die Generation, die zur Musik von 4 Pilzköpfen aus Liverpool den sogenannten Beat tanzte.

Er hat die Generation gemeint, die mit ihren Eltern heftigste Diskussionen darüber führte, wie weit die Haare denn über die Ohren oder den Hemdkragen wachsen dürfen oder wie viel Zentimeter über dem Knie ein Rock enden darf oder muss..

Hehre Ziele wurden verfolgt und was ist davon geblieben?

Nun gut, wenigstens mit der Liebe hat's wohl geklappt - wenn man denn die Tatsache als Beweis werten will, dass viele von ihnen vor knapp 20 Jahren einer neuen Generation die Chance gegeben haben, das Licht "ihrer" besseren Welt erblicken zu können.

Genau zu diesem Zeitpunkt vollzog sich mit Ihnen aber ein kaum nachvollziehbarer Wandel. Sie fingen an, sich zu waschen, schnitten sich die Haare - soweit sie noch nicht ausgefallen waren- und die Röcke der Mädels wurden wieder länger. Sie gingen lieber feste arbeiten als Feste zu feiern, entdeckten den Stress und konnten ebenso bedeutend und besorgt gucken,..... wie ihre Eltern.

Und wissen Sie, was die vor knapp 10 Jahren gemacht haben?

Unter dem Vorwand, "dass ihre Altersvorsorge es noch besser haben sollten als Sie", haben sie die in neue, ordentliche Kleider gesteckt. Sie schleppten diese unschuldigen, jungen Menschen zu diesem riesigen Bildungscontainer. Und Sie gaben ihnen so gute Ratschläge mit auf den Weg wie: Besser aufpassen als auffallen!

Die Wahl des richtigen Bildungscontainers soll bedacht sein, daher wählten Sie das Gymnasium, dass seinem Namen nach versprach, Ihren Kindern klammheimlich genau das beizubringen, dem sie in ihrer Jugend den Garaus machen wollten.

So und nicht anders sind wir auf das Max-Planck Gymnasium gekommen, nach vier erfolgreichen Jahren in der Grundschule. Aber der Anfang war alles andere als leicht. Man war gerade in der höchsten Klasse der Grundschule und somit die Macht auf dem Pausenhof und musste wieder klein anfangen als Idötzchen obwohl man schon vier Jahre die Schule besucht hatte. Na ja, aber irgendwie haben wir es doch geschafft und in diesem Jahr sogar das Abitur.

Soll es das jetzt gewesen sein?

Ja, das war's und nein, so leicht kommen wir alle nicht davon.

Ja, das war's, wir sind keine Trauben auf den Bergen des Gymnasiums mehr. Wir müssen uns damit abfinden: wir sind gepflückt worden.
Ja, das war's, wir können uns nicht mehr unter den Schirmen unserer Eltern verstecken; jetzt muss jeder von uns selbst laufen und mit Wind und Wetter auskommen.
Ja, das war's mit vielen Bekanntschaften. Jeder geht seinen Weg, vieles geht auseinander.

Aber nein, das kann es auch noch nicht gewesen sein! So kann es nicht aufhören und so wird es nicht enden, das ist sicher. Vor jedem von uns liegt etwas Neues, neue Aufgaben, neue Herausforderungen, neue Probleme.

Das schreit danach angepackt und bewältigt zu werden. Ein kluger und weitsichtiger Blick nach vorne kombiniert mit dem Talent einzugreifen und zu Handeln, so verändert man vieles.

Ja, das war's, das war unsere Abiturrede, die ist so gut wie zu Ende, vielleicht zum Glück?

Last but not least danken wir den Lehrern, die uns unterrichtet haben und die nicht nur ihren Unterricht im Blick hatten, sondern zu denen wir auch persönliche Beziehungen aufbauen konnten. Insbesondere danken wir natürlich ganz herzlich Frau Gürtler und Herrn Lorentzen, weil sie als Stufenleiter immer für uns da waren und auch bei persönlichen Problemen ein offenes Ohr hatten.

Nicht zu vergessen sind natürlich unsere Eltern, die uns die ganze Zeit über unterstützt haben. Dankeschön dafür. Großer Dank gilt auch unseren Mitschülern, die engagiert in den vielen Ausschüssen mitgearbeitet haben, um solche Ereignisse wie den heutigen Tag möglich zu machen. Als letztes danken wir unseren Mitschüler, die diese Stufe zu dem gemacht haben, was sie ist.

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